Selbst gewählte Tätigkeiten der Kinder
Wenn Sie Situationen wahrnehmend beobachten, in denen Kinder selbst gewählten Tätigkeiten nachgehen, stehen folgende Fragen im Mittelpunkt des Interesses:
- Was bringt gerade dieses Kind – oder diese Kindergruppe – an Handlungsweisen, Ideen und Möglichkeiten in eine gegebene Situation ein?
- Welche Fähigkeiten setzt das Kind ein?
- Welche Erfahrungen hält die selbst gewählte Tätigkeit für das Kind bereit?
- Welche Bedeutung könnten die Erfahrungen für das Kind haben?
Kinder möchten mit jeder Tätigkeit ein Stück der Welt erkunden, verstehen und gestalten. Sie haben die Gabe, sich sehr intensiv auf Dinge einzulassen. Tun sie das nicht, ist dies ein Hinweis für Sie, zu überprüfen, woran es liegen könnte. Fällt es ihnen schwer, sich vertiefend auf etwas einzulassen, könnte dies ein Spiegel dafür sein, dass ihnen etwas fehlt. Wenn ein Kind sich nicht interessiert seiner Umwelt widmet, ist dies entweder ein Zeichen dafür, dass es seelisch im Ungleichgewicht ist und pädagogische Unterstützung benötigt, oder dass eine anregungsreiche Umgebung fehlt, die zum Erkunden einlädt. Dabei geht es vor allem um Erfahrungen in Alltagszusammenhängen. Professionelle Beobachtungen helfen dabei unterscheiden zu lernen was die Gründe des kindlichen Verhaltens sein könnten.
Wenn Sie mit dem Wahrnehmenden Beobachten an Ihre Grenzen stoßen, so ist dies der Moment, wo Sie weitere diagnostische Verfahren heranziehen müssen, um beispielsweise die soziale und emotionale Entwicklung des Kindes genauer zu betrachten. Das Wahrnehmende Beobachten bezieht sich vorwiegend auf psychisch gesunde und nicht bspw. traumatisierte Kinder oder Kinder mit Bindungsstörungen. Sollte hier ein Verdacht oder auch eine konkrete Vorgeschichte bestehen, bedarf es in der Regel weiterer Strategien und Unterstützung. Auch wenn Sie über wahrnehmende Beobachtungen bspw. bemerken, dass ein Kind in seiner Sprach- oder Bewegungsentwicklung verzögert ist, wird es wichtig Verfahren heranzuziehen, die die Entwicklung des Kindes in bestimmten Bereichen genauer unter die Lupe nehmen.
Auch hier spielt die interdisziplinäre Zusammenarbeit eine wichtige Rolle: Jedes Beobachtungs- oder Diagnoseverfahren hat seine eigenen Anwendungsbereiche und Zielsetzungen. Frühpädagogische Professionalität besteht nicht zuletzt darin zu wissen, wann welches Verfahren wichtig ist und wann bspw. eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Frühförderstellen eingesetzt werden sollte.
Wenn Sie in Ihrer Einrichtung selten Kinder beobachten können, die längere Zeit selbst gewählten Tätigkeiten nachgehen, dann überprüfen Sie einmal ob es in Ihrer Einrichtung Materialien gibt, die die Selbsttätigkeit der Kinder anregen. Wenn es wenig Materialien gibt, mit denen die Kinder frei umgehen können und der Fokus auf vorgefertigtes Spielzeug wie Steckpuzzle und ähnlichem liegt, das nicht zweckentfremdet werden kann, so wird das Spielpotential des Kindes nicht voll ausgeschöpft. Werden Kinder immer wieder in ihrem Explorationsdrang gebremst, so kann dies auch zur Frustration führen. Schaffen Sie offene Materialien an, die intensive sinnliche Erfahrungen im Alltag zulassen, wie eine Sand- oder Linsenwanne mit Schöpfkellen, Trichter und Flaschen zum Be- und Umfüllen für den Gruppenraum. Materialien, die Kinder stapeln können (wie Becher) sind auch sehr beliebt. Diese werden dann nicht nur zum Stapeln, sondern vielleicht zum Reihen bilden genutzt. Kriterien für gutes Spielmaterial sind Offenheit, Intensität und eine anregende Sinneserfahrung, die zu einem explorierenden Spiel einladen und die Erfahrungen im Kontext ermöglichen.